Working Capital Management als Instrument des Finanzcontrolling (2024)

Thorsten Steffens Dipl.-Kfm. (FH)

Working Capital Management als Instrument des Finanzcontrolling (1) Das Working Capital Management kann als Instrument bzw. ganzheitlicher Ansatz zur Verbesserung der Liquidität und Rentabilität eines Unternehmens eingesetzt werden. Hierbei wird durchdieOptimierung der sogenannten Financial Supply Chain, also der finanziellen Ströme eines Unternehmens, eine Reduzierung des Working Capital (Nettoumlaufvermögens) angestrebt.

Verbesserungspotenzial bietet sich hier primär in der Optimierung der Vorratsbestände und des Debitoren- und Kreditorenmanagements.Das Working Capital Management basiert auf dem Konzept des Cash Conversion Cycle. Dieses Konzept verdeutlicht die Kapitalbindung im Laufe des Umsatzprozesses.Das in Vorräten, z.B. Rohstoffen, und Forderungen gebundene Kapital wird erst bei Bezahlung der produzierten Ware durch den Kunden wieder in liquide Mittel transformiert. Erst dann steht dem Unternehmen das Kapital wieder in Form von liquiden Mitteln, z.B. für Investitionen zur Verfügung.

Die Aufgabe des Working Capital Management besteht daher darin, bestimmte Prozesse zu optimieren und dadurch die Kapitalbindung zu reduzieren. Dies wird hier insbesondere durch die Erhöhung der Aussenstandstage der Verbindlichkeiten (Days Payables Outstanding – DPO) sowie der Reduktion der Dauer der Lagerhaltung (Days Inventory Outstanding – DIO) und der Zeitspanne der ausstehenden Forderungen (Days Sales Outstanding – DSO) angestrebt.

Die Kapitalbindung ergibt sich aus der Dauer der Lagerhaltung addiert mit den Außenstandstagen der Forderungen abzüglich der Außenstandstage der Verbindlichkeiten. Die einzelnen Prozesse haben also unmittelbaren Einfluss auf die Kapitalbindung. Aus der nachfolgenden Abbildung 1 ist die Kapitalbindungim Zeitverlauf beginnend beim Mitteleinsatz für den Kauf von Rohstoffen bis zum Mittelzufluss durch den Verkauf der fertigen Erzeugnisse dargestellt.

Working Capital Management als Instrument des Finanzcontrolling (2)

Zur Analyse des Working Capital und einem Vergleich mit anderen Unternehmen bzw. im Zeitvergleich mit vergangenen Perioden sind verschiedene Kennzahlen notwendig. Nachfolgend werden die hier im Bereich der Lagerhaltung sowie des Forderungen- und Verbindlichkeitenmanagements primär verwendeten Kennzahlen (1-3) und deren Berechnungsweise aufgeführt.

(1) Days Inventory Outstanding (DIO):
Lagerwert× 360
Netto Umsatzerlöse

(2) Days Sales Outstanding (DSO):

Durchschnittliche Forderungen aus L.u.L. × 360
Netto Umsatzerlöse

(3) Days Payable Outstanding (DPO):

Durchschnittliche Verbindlichkeiten aus L.u.L. × 360
Materialeinsatz + Fremdleistungen

Diese Kennzahlen bzw. die dazugehörigen Prozesse müssen vom Finanz- und Liquiditätscontrolling eines Unternehmens regelmäßig analysiert und kontrolliert werden. Definierte Zielwerte für die einzelnen Bereiche sind auf ihre Einhaltung bzw. den Grad der Zielerreichung zu überprüfen. Hierzu kann z.B. ein standardisiertes Working-Capital-Berichtswesen (Working Capital Report) eingeführt werden.

Zur Beeinflussung und Optimierung der ermittelten Werte bieten sich zahlreiche Möglichkeiten. Im Bereich des Managements der Verbindlichkeiten (Purchase to Pay), also dem Zahlungsausgang, kann eine Verbesserung erreicht werden, indem der Zahlungszeitpunkt verlagert wird, also die Zahlungsfristen ausgereizt werden, wobei hier auch die entgangenen Skontoerträge zu berücksichtigen sind. Dies kann z.B. durch standardisierte Zahlungsläufe zu festgelegten Zeitpunkten (Zahlungstermine) erreicht werden. Weitere Optimierungsmöglichkeiten liegen z.B. in der bedarfsgerechten Lieferung, z.B. Just in Time, oder in der Einrichtung eines Konsignationslagers.

Im Bereich der Forderungen (Order to Cash), also dem Zahlungseingang, wird ein möglichst frühzeitiger Eingang der liquiden Mittel angestrebt. Dies kann durch ein zielgerichtetes Forderungsmanagement erreicht werden, insbesondere durch ein konsequentes Mahnwesen, und diesbezüglich z.B. durch die Einbindung der Vertriebsabteilung in Bezug auf die Reduktion hoher Außenstände, durch Einführung von Grenzen hinsichtlich der Bonität der Debitoren und durch eine Fakturierung, die termingenau durchgeführt wird. Weitere Möglichkeiten bieten der Verkauf von Forderungen (Factoring) oder die Gestaltung der Zahlungsbedingungen, also z.B. Anzahlungen oder Vorauskasse. Auch eine fristgerechte Lieferung, die Verringerung der Reklamationsquote der abgesetzten Produkte und eine Vermeidung von Fakturierungsfehlern können zur Verbesserung beitragen.

Zahlreiche Optimierungsmöglichkeiten bietet auch der Bereich des Lagermanagements (Forecast to Fulfill). Hier wird eine möglichst geringe Vorratsbestandshaltung anvisiert. Dadurch werden Lagerkosten reduziert bzw. Opportunitätskosten hinsichtlich des Kapitals, welches im Lagerbestand gebunden ist, minimiert.Als Verbesserungsmaßnahmen sind hier insbesondere die Verringerung der Durchlaufzeiten, die Reduzierung der Sicherheitsbestände auf ein Mindestmaß und die Minimierung der Ausschuss- bzw. der Fehlerquote zu nennen.

Auch eine Optimierung der Ablauf- und Organisationsstrukturen im Lager- und Produktionsbereich, also auch der Transportwege und Zwischenlager, sowie der Sortimentspolitik bieten Verbesserungspotenzial. Die Optimierung des gesamten Produktionsprozesses sowie der Ausfallrate von Maschinen und anderen technischen Geräten ist eine weitere Verbesserungsmaßnahme, die hier Anwendung finden kann.

Optimierungsmaßnahmen, insbesondere im Rahmen des Forderungs- und Verbindlichkeitenmanagements, sind jedoch so zu gestalten, dass Geschäftsbeziehungen, insbesondere mit strategisch wichtigen Kunden und Lieferanten, nicht negativ beeinflusst bzw. zerstört werden.

Durch konsequentes Working Capital Management kann eine Optimierung der Bilanzstrukturen erzielt werden. Das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital verbessert sich im Zuge der Verringerung des im Umlaufvermögen gebundenen Kapitals. Eine so herbeigeführte Bilanzverkürzung hat, insbesondere im Hinblick auf die Eigenkapitalanforderungen durch die Baseler Abkommen, positive Auswirkungen auf die Finanzierungssituation eines Unternehmens bzw. die Bewertung (Rating) durch externe Kreditgeber.

Dies ist insbesondere auch für mittelständisch geprägte Unternehmen auf Grund der hier oft schwierigen Finanzierungssituation, bzw. der besonderen Berücksichtigung des Eigenkapitalanteils (Eigenkapitalquote) bei der Fremdkapitalvergabe durch Kreditinstitute, von Bedeutung.Die Auswirkungen einer solchen Bilanzverkürzung, also der Reduzierung des im Umlaufvermögen gebundenen Kapitals, werden in der nachfolgend dargestellten Abbildung 2 verdeutlicht.

Working Capital Management als Instrument des Finanzcontrolling (3)

Working Capital Management bietet Unternehmen, auch bei lediglich partieller Umsetzung, wie z.B. in kleineren Unternehmen, umfangreiches Optimierungspotenzial: zusätzliche Liquidität, eine Erhöhung der Rentabilität und, durch die Bilanzverkürzung und -optimierung, auch eine Verbesserung der Finanzierungssituation sowie der Bewertung (Rating) durch externe Kapitalgeber.

Dieser Fachbeitrag stammt aus dem Buch "Aus der Krise steuern – Differenziertes Finanz- und Liquiditätscontrolling für mittelständische Automobilzulieferer" von Thorsten Steffens, erschienen Oktober 2009 im Tectum Wissenschaftsverlag, Marburg (s. Literaturhinweise).


letzte Änderung Thorsten Steffens Dipl.-Kfm. (FH) am 11.08.2023
Bild: Thorsten Steffens


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Working Capital Management als Instrument des Finanzcontrolling (2024)

FAQs

What is working capital management in finance? ›

Working capital management is a business process that helps companies make effective use of their current assets and optimize cash flow. It's oriented around ensuring short-term financial obligations and expenses can be met, while also contributing towards longer-term business objectives.

What are the 4 main components of working capital management and explain? ›

By understanding the components of working capital—cash and cash equivalents, accounts receivable, inventory, and accounts payable—companies can make informed decisions to optimize their working capital management.

What are the three types of working capital management? ›

The three types of working capital are permanent working capital, temporary working capital, and negative working capital. Permanent working capital is the minimum number of current assets required to run a business.

What are the main components of working capital management? ›

Working Capital Management in a Nutshell

A well-run firm manages its short-term debt and current and future operational expenses through its management of working capital, the components of which are inventories, accounts receivable, accounts payable, and cash.

Why is working capital management important in finance function? ›

An effective working capital management system helps businesses not only cover their financial obligations but also boost their earnings. Managing working capital means managing inventories, cash, accounts payable and accounts receivable.

What is the main objective of working capital? ›

The primary purpose of working capital management is to enable the company to maintain sufficient cash flow to meet its short-term operating costs and short-term debt obligations. A company's working capital is made up of its current assets minus its current liabilities.

What is an example of working capital management? ›

What is an example of working capital management? An example of working capital management is computing the Accounts Receivable Turnover Ratio and then computing the day's sales in receivables. Another example is analyzing the change in the working capital ratio from one year to the next.

What are the two major concepts of working capital? ›

There are two concepts of working capital viz . quantitative and qualitative. Some people also define the two concepts as gross concept and net concept. According to quantitative concept, the amount of working capital refers to 'total of current assets'.

What is another name for working capital management? ›

Working capital, also known as net working capital (NWC), is the difference between a company's current assets—such as cash, accounts receivable/customers' unpaid bills, and inventories of raw materials and finished goods—and its current liabilities, such as accounts payable and debts.

What is working capital in simple words? ›

Capital is another word for money and working capital is the money available to fund a company's day-to-day operations – essentially, what you have to work with. In financial speak, working capital is the difference between current assets and current liabilities.

What is the margin money for working capital? ›

Working capital margin refers to the additional amount that a business must maintain over and above its regular working capital required to meet unforeseen expenses. Working Capital margin in terms of funding, is what a lender is going to earn by providing a working capital loan to businesses.

How to optimize working capital? ›

Here are seven ways to improve working capital management:
  1. Monitor your working capital ratio. ...
  2. Optimize invoice issuance process. ...
  3. Incentivize receivables. ...
  4. Automate business processes. ...
  5. Improve inventory management. ...
  6. Leverage supply chain financing. ...
  7. Utilize tax incentives.

How do you analyze working capital? ›

It represents a company's liquidity, operational efficiency, and short-term financial health. To calculate working capital, subtract a company's current liabilities from its current assets. A positive amount of working capital means a company can meet its short-term liabilities and continue its day-to-day operations.

What are the problems with working capital? ›

What are the risks of inefficient working capital management? Risks include cash shortages, strained supplier relationships, cash flow challenges, missed growth prospects, poor investments, and increased financing costs. Efficient management mitigates these risks.

What is working capital management with example? ›

What is an example of working capital management? An example of working capital management is computing the Accounts Receivable Turnover Ratio and then computing the day's sales in receivables. Another example is analyzing the change in the working capital ratio from one year to the next.

How to analyze working capital management? ›

Effective working capital management entails trend analysis by computing and tracking ratios and metrics, forecasting working capital balances by balance sheet category, assessing accounts receivable and accounts payable aging reports, inventory management, cash management, short-term accrued liabilities, and spend ...

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