L&G Gerd Kommer Multifactor Equity ETF: Breite Streuung und etwas Weihrauch (2024)

Ein Verfechter der ETF-Anlage

Der ehemalige Investment­banker Gerd Kommer hat sich vor allem als Vermögens­verwalter und Buch­autor einen Namen gemacht. Von Lesern und Followern auf Youtube wird er gefeiert und fast schon mit Weihrauch besprengt. In seinen Büchern streicht Kommer, ganz in unserem Sinne, die Vorteile der ETF-Anlage heraus. Auch manche Leser haben sich bei uns schon nach Gerd Kommers Welt­portfolio-Konzept erkundigt. Dieses besteht aus einem Rendite­baustein mit Aktien-ETF, Immobilien und Rohstoffen sowie einem Sicher­heits­baustein aus Euro-Staats­anleihen – ähnlich wie das von uns entwickelte Pantoffel-Portfolio mit Beimischungen.

Der perfekte Rendite­baustein?

Im Juni 2023 hat Kommer nun einen Aktien-ETF auflegen lassen, der es ermöglichen soll, den Rendite­baustein seines Welt-Portfolios mit nur einem Fonds abzu­bilden, den L&G Gerd Kommer Multifactor Equity ETF (Isin IE000FPWSL69).

Auf der Webseite von Gerd Kommer wird mit Superlativen nicht gegeizt. Der Gerd-Kommer-ETF sei einzig­artig, ja sogar revolutionär. Der Fonds sei günstig, einfach handel­bar, habe keine Klumpenrisiken und sei auch noch nach­haltig ohne Kompromisse bei der Diver­sifikation.

Wir haben den ETF zwar schon in unserem Fondsfinder, eine reguläre Fonds­bewertung erhält der Fonds aufgrund seiner jungen Historie aber noch nicht. Wir schauen uns daher in diesem Beitrag die Anla­gestrategie und die Portfolio­zusammenset­zung des ETF genauer an, und werfen auch einen Blick auf den bisherigen Kurs­verlauf. Der folgende Chart zeigt die Wert­entwick­lung des ETF seit Auflage im Vergleich zu globalen Aktien-Indizes.

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Trans­parenz leidet unter der Vielzahl von Kriterien

Während sich die Zusammenset­zung klassischer Aktienindizes meist nach dem Börsen­wert richtet, zieht der Gerd-Kommer-ETF mehrere Kriterien heran. Der Börsen­wert ist eins davon. Daneben kommen auch Faktoren wie Value oder Momentum und auch Ausschluss­kriterien in puncto Nach­haltig­keit zum Tragen. Das Gewichtungs­verfahren ist zu komplex, als dass es für Normal­anleger im Detail nach­voll­zieh­bar wäre. Wer ETF-Anlagen auch aufgrund ihrer Trans­parenz schätzt, erlebt hier eine kleine Enttäuschung.

Kampf dem Klumpenrisiko

Für Anle­gerinnen und Anleger viel wichtiger ist ohnehin eine andere Maßnahme: Der maximale Anteil jeder Einzel­aktie beträgt 1 Prozent, im Bedarfs­fall wird er bei der vierteljähr­lichen Anpassung auf diesen Wert gekappt. Jedes Klumpenrisiko wird auf diese Weise im Keim erstickt. Aktuell summieren sich die zehn größten Aktien im Gerd-Kommer-ETF auf nur 8 Prozent gegen­über fast 17 Prozent im MSCI World Index.

Die Begrenzung auf 1 Prozent Gewicht für jede Aktie kann aber auch Nachteile haben, nämlich wenn Dick­schiffe wie Apple und Microsoft stärker steigen als der breite Markt. Genau das ist in den vergangenen Jahren passiert. Wenn solche Trend­aktien immer wieder auf 1 Prozent Gewicht zurück­gesetzt werden, profitiert man weniger von ihrer über­durch­schnitt­lichen Entwick­lung: Weitere 20 Prozent Gewinn sind halt weniger wert­voll, wenn die Aktie nur ein Prozent Gewicht hat statt vier. Wenn Apple und Co aber schlechter als der Markt laufen sollten, können sich Besitzer des Gerd-Kommer-ETF freuen, da sie unter­proportional in die Toptitel investiert sind.

US-Anteil deutlich geringer als im MSCI World

Für alle jene, denen der hohe US-Anteil in den gängigen Welt­aktienindizes ein Dorn im Auge ist, bietet Gerd Kommer ein reizvolles Konzept, denn in seinem ETF wird auf Länder­ebene jeweils hälftig nach dem Börsen­wert und dem Brutto­inlands­produkt (BIP) gewichtet. Diese Kombination war uns bisher von anderen Indizes oder Finanz­produkten nicht bekannt. Eine Gewichtung allein nach dem BIP ist dagegen bei manchen Fonds und Robo Advisors zu finden. Die Kombimethode bewirkt, dass der US-Anteil im Gerd-Kommer-ETF aktuell bei nur 45 Prozent liegt, während er im MSCI World Index 69 Prozent beträgt (Stand 30. Juni 2023).

China in Schranken halten

Mit seiner Gewichtungs­methode umgeht Kommer ein Problem, das sich bei einer nur am BIP orientierten Ländergewichtung ergeben würde. Aktien aus Schwellenländern hätten dabei einen Anteil von etwa 40 Prozent, China allein fast 20 Prozent. Das wäre in Anbetracht der politischen Risiken in Schwellenländern aus unserer Sicht zu waghalsig. Tatsäch­lich hat der Gerd-Kommer-ETF mit rund 20 Prozent einen vertret­bar hohen Anteil an Schwellenländern.

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Nach­haltig­keit wird klein geschrieben

Gerd Kommer bezeichnet seinen Nach­haltig­keits­filter ehrlicher­weise als „leichten ESG-Filter“. Wir würden ergänzen „sehr leicht“. Ein vergleich­barer Index von MSCI, der auch geächtete Waffen­anbieter und Firmen mit Verstößen gegen UN-Prinzipien (United Nations Global Compact principles) ausschließt, kommt in Bezug auf seinen Mutter­index MSCI All Country Word Index (ACWI, 2935 Aktien) auf 31 Ausschlüsse – das entspricht nur einem Prozent der Aktien. Der Gerd-Kommer-ETF schließt zusätzlich Kohle aus, aber nur die Spitze des Eisberges bei fossilen Energieträgern – Exxon Mobil und Chevron schafften es Ende Juni sogar in die Top 10. Bezüglich anderer ethisch-ökologischer Kriterien werden Firmen nur bei schweren Verstößen ausgeschlossen. So bleiben am Ende laut Gerd Kommer nur rund 300 von rund 5000 aus ethisch-ökologischen Gründen unbe­rück­sichtigt. Für Anleger, die es auch ernst mit ihrem Anspruch an eine nach­haltige Aktien­auswahl meinen, ist der ETF also eher nichts.

Rendite­vergleich: Gerd-Kommer-Index hinter MSCI ACWI

Der Index, auf den sich der Gerd-Kommer-ETF bezieht, wurde erst 2023 von Solactive gestartet, aber bis Juli 2017 zurück­gerechnet. Er hat über die vergangenen sechs Jahre, also von Ende Juli 2017 bis Ende Juli 2023, ein Plus von 46 Prozent erzielt. Diese Angabe bezieht sich auf den Net Return Index in US-Dollar.

Der folgende Vergleich mit anderen Indizes zeigt: Der Gerd-Kommer-Index lag hinter dem MSCI World und auch hinter dem MSCI All Country World (ACWI). Das muss in Zukunft nicht so sein, sollte aber die Erwartungen von Anlegern an eine zukünftige Outperformance dämpfen. Zumal Rück­rechnungen mit Vorsicht zu genießen sind – häufig laufen optimierte Indizes nach der Einführung relativ schlechter als in der zurück­gerechneten Periode.

Aggregierte Wert­entwick­lung über sechs Jahre, in US-Dollar, Stand 31. Juli 2023:

  • Gerd-Kommer-Index: 46 Prozent
  • MSCI World: 73 Prozent
  • MSCI ACWI: 65 Prozent
  • MSCI Emerging Markets: 14 Prozent
  • MSCI USA: 100 Prozent

Lang­fristiger Wert­entwick­lungs­vergleich: Faktoren und alternative Gewichtungen schwächeln

Da es den Gerd-Kommer-ETF selbst erst seit Juni 2023 gibt und uns auch zum zurück­gerechneten Gerd-Kommer-Index keine Rendite­zeitreihen vorliegen, können wir keinen lang­fristigen Chart­vergleich anstellen.

Wir schauen daher auf Indizes, die Teil­konzepte des Gerd-Kommer-ETF umsetzen beziehungs­weise ähneln und vergleichen sie mit dem MSCI World Index:

  • MSCI World Index: Die klassische Benchmark für welt­weites Aktien­investment. Deckt mitt­lere und große Titel aus Industrieländern ab. Siehe auch unser MSCI-World-Spezial.
  • MSCI All Country World Index (ACWI): Investiert in mitt­lere und große Aktien­titel welt­weit, aus Industrieländern und Schwellenländern, gewichtet klassisch nach Größe der Börsen­titel.
  • MSCI ACWI GDP weighted: Investiert in die gleichen Titel wie der Mutter­index MSCI ACWI, gewichtet aber nach Brutto­inlands­produkt (BIP, in eng­lisch GDP).
  • MSCI ACWI Equal weighted: Gewichtet die Titel im Aktien­universum gleich. Dieser Index zeigt was passiert, wenn man große Titel unter- und kleine Titel überge­wichtet. Zum Vergleich: Der Gerd-Kommer-ETF gewichtet nicht alle Titel gleich, beschneidet aber das maximale Gewicht eines Titels auf 1 Prozent und unterge­wichtet damit große Titel.
  • MSCI Div. Multi-Factor: Wählt die Titel entsprechend ihrer Faktorzugehörig­keit aus. Berück­sichtige Faktoren sind: Quality, Momentum, High Dividend Yield, Enhanced Value und Minimum Volatility. Die Faktoren werden im MSCI Index gleichgewichtet. Zum Vergleich: Der Gerd-Kommer-ETF berück­sichtigt gleichgewichtet die Faktoren Value, Quality, Momentum, Size und Investment.

Der folgende Chart zeigt die lang­fristige Wert­entwick­lung der Indizes im Vergleich.

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Was der obige Chart Ihnen sagt:

  • Der MSCI World und der MSCI ACWI laufen ähnlich. Die Beimischung von Schwellenländern bringt mal leichte Vorteile, mal Nachteile.
  • Die BIP-Gewichtung schien früher vorteilhaft gewesen zu sein.
  • Lang­fristig liegen der Multi-Factor-Index und der gleichgewichtete Index deutlich vorn (bevor Sie nun ein Fazit ziehen, schauen Sie sich bitte noch den nächsten Chart an).

Outperformance gab es früher

Lohnt es sich also, auf Faktoren und alternative Gewichtungs­formen zu setzen, wie es der Gerd-Kommer-ETF tut? Der lang­fristige Chart oben suggeriert das. Es lohnt sich aber ein Blick auf den folgenden Outperformance-Chart. In diesem stellen wir die kummulierte Outperformance der alternativen globalen Indizes im Vergleich zum MSCI World dar.

So interpretieren Sie einen Outperformance-Chart:

  • Steigt eine Linie, läuft der entsprechende Index besser als der MSCI World
  • Läuft eine Linie seit­wärts, laufen der entsprechende Index und der MSCI World gleich
  • Fällt eine Linie, läuft der entsprechende Index schlechter als der MSCI World.

Was Sie am folgenden Chart erkennen können:

  • Der gleichgewichtete Index und der BIP-gewichtete Index laufen seit 2010 schlechter als der MSCI World.
  • Der Multi-Faktor-Index läuft seit 2010 eher parallel zum MSCI World und seit 2018 schlechter.

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Fazit: Streuung gut, Outperformance ungewiss

Mit Kosten von 0,5 Prozent ist der Gerd-Kommer-ETF etwas teurer als übliche Welt-ETF, aber im akzeptablen Bereich. Wie hoch die Handels­kosten im Fonds sein werden, ist noch nicht klar.

Unsere bisherige Analyse zeigt: Die Berück­sichtigung von mehreren Faktoren sowie alternativen Gewichtungs­formen brachte seit einigen Jahren keine Outperformance mehr. Es ist ungewiss, ob der ETF mit seinem Sonderweg künftig auf lange Sicht ein besseres Rendite-Risiko-Verhältnis haben wird als ETF, die klassische Welt­indizes nach­zeichnen. Wer ein breit gestreutes, welt­weites Investment sucht, ist auch weiterhin bei unseren globalen L&G Gerd Kommer Multifactor Equity ETF: Breite Streuung und etwas Weihrauch (1)-ETF gut aufgehoben, egal ob klassisch oder nachhaltig.

Anle­gerinnen und Anleger, die sich jedoch an der hohen US-Gewichtung in den Welt­indizes stören und bei Apple oder Microsoft bereits Klumpenrisiken wittern, finden in dem Gerd-Kommer-ETF eine mögliche Lösung. Er ist mit aktuell etwa 2000 Aktien gut diver­sifiziert und auch bei Schwellenländern gut aufgestellt.

L&G Gerd Kommer Multifactor Equity ETF: Breite Streuung und etwas Weihrauch (2024)
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Author: Eusebia Nader

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